Am Granitzenbach muss etwas Besonderes sein. Da tun sich Welten auf, jedes Mal, wenn ich dort entlangspazier. Es hat einen guten Grund, warum der Bach ein Naturdenkmal ist. Heut hat er mir diese Geschichte erzählt:
Wasser ist stark. Es formt die Steine im Bachbett. Es gräbt sich durch Felsen und Böden. Es trägt aber auch Lasten wie Holzstämme und Schiffe. Und manchmal nimmt es sogar Steine und Geröll einfach so mit auf seinen Weg und legt sie wo anders wieder ab.
Wasser ist weich. Halte ich die Hand ins Wasser, fühlt sich das weich und geschmeidig an.
Wasser ist unantastbar. Ich kann es nur in der hohlen Hand auffangen. Und selbst dort rinnt es davon. Angreifen kann ich es schon, aber nicht festhalten.
Wasser ist hart. Falle ich vom Sprungturm wie ein Brett auf die Wasseroberfläche, macht das einen lauten Klatscher. Da kann schon das eine oder andere in mir zu Schaden kommen. Und auf jeden Fall brennt die Haut wie Feuer vom Bauchfleck.
Wasser ist beweglich. Es schlängelt sich seinen Weg durch die Welt. Kommt es zu einem unüberwindlichen Hindernis, rinnt es einfach daran vorbei. Gibt es keinen Weg vorbei, wartet es vor dem Hindernis so lange, bis es hoch genug gewachsen ist, um über das Hindernis hinwegzurinnen.
Wasser gibt nicht auf. Gibt es oben keinen Weg, findet es vielleicht unter der Erde ein Fortkommen. Ist es dem Wasser irgendwo zu heiß, verdampft es kurz mal und sammelt sich an andrer, kühlerer Stelle wieder in Tropfenform. Ist es zu kalt, friert es ein und wartet auf wärmere Zeiten.
Wasser ist Leben. Ein Schluck gutes steirisches Trinkwasser gibt mir Kraft und Energie, in meinem Leben fortzuschreiten oder innezuhalten. Im Wasser im Bauch unserer Mutter sind wir geschützt. Wir bestehen zum Großteil aus Wasser.
Wasser ist Energie. Es treibt Wasserräder und Turbinen an, die damit für unser Leben Wichtiges erzeugen. Werden seine Wege eng, wird es schneller. Hat es wieder mehr Platz, breitet es sich aus. Es rastet sich aus und wird scheinbar langsamer und ruhiger. Aber es hat auf dem Weg viel Energie geladen, die es gut versteckt hält.
Wasser lässt sich nicht mit jedem ein. Wird Wasser mit Schmutz vermischt, macht das dem Wasser gar nichts. Es wartet einfach ab, bis der Schmutz zu Boden sinkt und schon ist das Wasser wieder klar. Mit Öl mag es sich auch nicht verbinden. Da kannst du schütteln und rütteln, das Wasser ist stärker. Aus der trüben Emulsion wird mit der Zeit wieder eine Schicht Öl und klares Wasser. An dieser Eigenschaft muss ich noch arbeiten: schlechte Gedanken wie Schmutz und Sand absinken zu lassen und klaren Geistes weiter meinen Weg zu gehen.
Wasser ist fröhlich. Es plätschert über große und kleine Steine. Manchmal springt es über die Steine hinunter und spritzt, dass es nur so eine Freud ist. An manchen Stellen hör ich es gurgeln und glucksen.
Wasser ist wie ein Berggipfel. Steh ich am Ufer eines großen Wassers und schau in die Ferne, ist das Entspannung und Abschalten pur. Steh ich auf einem Berggipfel und schau ich dort in die Ferne, ist auch das Entspannung und Abschalten pur.
Nur wenn das Wasser sich nicht mehr bewegt und herumsteht, wird es faul und stinkig.